Banner

"Ich gehe mit einem sehr guten Gefühl"

11.09.2014

Herbert Kiefer legt nach 24 Jahren sein Amt als Bürgermeister von Todtmoos nieder

TODTMOOS. Nächsten Mittwoch, am 17. September gibt Herbert Kiefer sein Amt als Todtmooser Bürgermeister auf – nach 24 Jahren. Mit BZ-Redakteurin Katja Mielcarek hat er Bilanz seiner Amtszeit gezogen.
BZ: Können Sie sich noch an Ihren ersten Arbeitstag als Bürgermeister erinnern?
Kiefer: Ich erinnere mich ganz dunkel, wie ich in die alte Amtsstube kam – heute ist da der Platz der Sekretärin. Ich habe dann zunächst mal einen Rundgang gemacht: zu den Mitarbeitern im Rathaus, zur Tourist-Info, zum Bauhof und zum örtlichen Polizeiposten. Am späten Vormittag standen schon die ersten Termine an.
BZ: Saßen Sie eher mit beklommenem Herzen da oder ganz selbstbewusst?
Kiefer: Schon eher selbstbewusst. Ich bin recht unbedarft und unbefangen an meine neue Aufgabe rangegangen. Den Ort habe ich als Bürger und durch meine Vereinsaktivitäten gekannt. Kommunalpolitisch war ich eher unbelastet, aber die Bürgermeister-Realität hat mich schnell eingeholt.
BZ: Inwiefern?
Kiefer: 15- oder 16-Stunden-Arbeitstage waren die Regel. Mir blieb nichts anderes übrig. Vieles, was heute mit Routine erledigt wird, war für mich ganz neu. Ich musste mich in vieles erst einarbeiten.
BZ: Wen konnten Sie damals fragen?
Kiefer: Ich hatte einige langjährige, erfahrene Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, aber das Grundbuchamt war damals gar nicht besetzt, das Hauptamt hatte eine ganz neue Leiterin, die dann in der Probezeit auch gekündigt hat. In der Tourist-Info war auch eine recht neue Leitung. Ich hab’ mich halt so durchgekämpft (lacht). Viel Unterstützung hatte ich durch den Gemeinderat. Wichtig war natürlich auch der Austausch mit den Kollegen – übrigens bis heute. Alles, was man so auf die Beine stellen kann, ist immer das Werk von vielen, ein Gemeinschaftswerk.
BZ: Das hört sich so an, als wenn das Familienleben auf der Strecke bleibt.
Kiefer: Das ist so.
BZ: Aber die Familie hat es mitgetragen?
Kiefer: Haja, wohl oder übel. Am Anfang sind meine Jungs noch gerne mit mir einkaufen gegangen. Später haben sie sich geweigert, weil ich ständig angesprochen wurde oder selber das Gespräch gesucht habe. Das haben die beiden Buben gar nicht verstanden.
BZ: Ihr Stil ist, überall präsent und ansprechbar zu sein?
Kiefer: Ich versuche schon, möglichst viele Termine selber wahrzunehmen, um mir ein eigenes Bild zu machen. Ich sehe das als meine Pflicht an, und es hilft mir für die Arbeit im Gemeinderat. Es ist ja gut, wenn man angesprochen wird, auch wenn man es sich sicher zwischendurch mal anders wünschen würde, aber dies ist auch ein Stück Bürgernähe. Außerdem habe ich einen hohen Respekt vor der Leistung anderer, die oft als ganz selbstverständlich hingenommen wird, sei es in der Schneeräumung, in der Grundversorgung, auf Baustellen oder bei der Müllbeseitigung. Ich sehe mich nicht als etwas Herausgehobenes, sondern als einen von 1900 Todtmoosern.
BZ: Dann wird der 17. September ein krasser Einschnitt für Sie sein.
Kiefer: Nach 24 Jahren schaue ich mit sehr gemischten Gefühlen auf diesen Tag. Ich war mit Leib und Seele Bürgermeister, deshalb wird wohl etwas Wehmut bleiben. Aber es fällt auch eine Last von mir ab, denn das Amt ist mit einer großen Verantwortung verbunden. Insofern wird das Ende meiner Amtszeit auch eine Erleichterung sein.
BZ: Und was kommt dann?
Kiefer: Damit habe ich mich noch nicht abschließend befasst.

BZ: Gar keine Pläne?

Kiefer: Ich werde es zunächst mal ruhiger angehen lassen und mir ein paar Tage Urlaub gönnen.
BZ: Wissen Sie schon, wo?
Kiefer: Nein, das werde ich kurzfristig entscheiden. Meine Urlaube haben bisher ja in der Regel so ausgesehen, dass ich mit einem Bein doch im Rathaus war. Es hat mich früher immer genervt, wenn ich nach zwei oder drei Wochen zurückgekommen bin und einen Berg von Post und zig E-Mails vorgefunden habe. Da war es mir lieber, wenn ich das – mit halber Kraft – nach und nach im Urlaub abgearbeitet habe.
BZ: Haben Sie oft auf den Rat Ihres Vorgängers Wolfgang Heuschmid zurückgegriffen?
Kiefer: Das ein oder andere Mal haben wir miteinander telefoniert, und ich habe den einen oder anderen Tipp bekommen. Aber letztlich muss man sich da selber durchkämpfen, auch wenn man um den ein oder anderen Rat natürlich dankbar ist, vor allem, wenn es um Hintergrundwissen geht. Selbstverständlich werde ich auch meiner Nachfolgerin Janette Fuchs zur Verfügung stehen, wenn dies von ihr gewünscht ist. Ansonsten möchte ich mich aber aus der Kommunalpolitik raushalten.
BZ: Sie kandidieren also nicht für den Gemeinderat?
Kiefer: Nein. Nein, das habe ich wirklich nicht vor.
BZ: Welche Themen warten in den nächsten Monaten auf Frau Fuchs?
Kiefer: Das sind einige: Da ist zum einen die umstrittene Frage, ob Todtmoos ein Teil des Biosphärengebietes Schwarzwald werden soll. Dann haben wir im ländlichen Raum ein Problem mit der Einhaltung der Hilfsfristen bei der Notarztversorgung, auch wenn die Kommune da nur ganz wenig Einflussmöglichkeiten hat. Aber es muss immer wieder auf das Problem hingewiesen werden. Ein anderes wichtiges Thema ist die Breitbandversorgung. Wir werden in dieser Frage mit der Gemeinde Hohentengen zusammenarbeiten, die für sich eine gute Lösung gefunden hat. Die dritte Schlittenhunde-WM steht an. Vieles ist schon in die Wege geleitet, wie die Antragstellung für den Kunstrasenplatz für den Sportverein und den Schulsport. Eine Herausforderung wird die Nutzung des Schulgebäudes sein, wenn die Hauptschule geschlossen wird. Beim Landessanierungsprogramm sind wir in die dritte Tranche gekommen, auch hier stehen grundlegende Bauarbeiten an. Die Drehleiter für die Feuerwehr wird ein Thema bleiben, ebenso wie die Schaffung eines Wohnmobilstellplatzes bei den Tennisplätzen …
BZ: Frau Fuchs hat also viele Chancen, Todtmoos aus dem Dornröschenschlaf zu wecken, wie sie es im Wahlkampf formuliert hat.
Kiefer: Die Aussage, dass Todtmoos im Dornröschenschlaf gelegen hat, erachte ich als verfehlt. Wenn man sich die öffentlichen Einrichtungen anguckt, stehen wir sehr gut da: Infrastruktur mit Ortskernsanierungen, Straßen, Plätze und Brücken, Bauhofausstattung, Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, die beiden Kläranlagen, wo es aber schon wieder Überholungsbedarf gibt. Wir haben den Friedhof, Rathaus und Halle saniert, Kindergärten und Schule stehen gut da, haben Gewerbe- und Wohngebiete ausgewiesen, Schlittenhunderennen, sogar zweimal die WM ausgerichtet und haben in den Hochwasserschutz und erneuerbare Energien investiert. Aber eine Gemeinde ist nie fertig, es wird immer jede Menge zu tun geben. Umso mehr, als der ländliche Raum generell mit Problemen zu kämpfen hat: Forst, Polizei, Post, Grundbuch und das Vereinsregister sind oder kommen bald weg. Da kannst du zwar kämpfen, hast aber als Bürgermeister teilweise nur wenig Einflussmöglichkeiten.
BZ: Das gilt auch für die Situation in der Hauptstraße?
Kiefer: In der Tat. Was meinen Sie, wie viele Gespräche ich mit möglichen Betreibern von Geschäften geführt habe? Ich habe die ganze Hauptstraße mehr als einmal abgeklappert, wegen einer Übernahme der Postdienstleistungen. Ich war gottfroh, als am Schluss der Schmidt’s Markt eingesprungen ist. Wir gehören zu den wenigen kleinen Gemeinden, die einen Ortskern haben, aber den zu beleben, ist ganz, ganz schwierig, denn eine Geschäftsansiedelung muss sich halt betriebswirtschaftlich rechnen.
BZ: Ein wichtiger Wirtschaftszweig für Todtmoos ist der Tourismus.
Kiefer: Ich höre ab und zu, im Tourismus wäre zu wenig gegangen. Dazu muss man sagen, dass Tourismus grundsätzlich eine Freiwilligkeitsleistung ist, in die eine Gemeinde nur investieren darf, wenn sie sich das leisten kann. Darauf haben uns Landratsamt und Regierungspräsidium immer wieder hingewiesen. Trotzdem ist auch da einiges gegangen: Wir haben ins Kurhaus investiert, die Minigolfanlage, das Heimatmuseum, das Besucherbergwerk sowie attraktive Themenwege geschaffen und den alten Kurpark neu gestaltet, Busbahnhof und Tourist-Info sind jetzt barrierefrei, wir haben die Inklusiv-Gästekarte eingeführt, die ein Super-Angebot ist, und wir haben mit federführend die Ferienwelt Südschwarzwald aus der Taufe gehoben, nicht zu vergessen unser vielfältiges Veranstaltungsangebot. Es wurde immer schnell der Ruf nach der Gemeinde laut, und die Gemeinde hat vieles gemacht. Aber in vielen Bereichen ist auch die Privatwirtschaft gefordert.
BZ: Sie gehen mit einem guten Gefühl?
Kiefer: Insgesamt gehe ich mit einem sehr guten Gefühl. Ich meine, gemeinsam haben wir es geschafft, Todtmoos liebens- und lebenswerter zu gestalten, und dies trotz enger finanzieller Spielräume.


Home | Links | Impressum | Sitemap
© CDU Waldshut 2013